Geschichte

Streifzug durch die Geschichte der landesfürstlichen
Stadt Laa an der Thaya
von Hofrat Dr. Rudolf Fürnkranz

Im 12. Jahrhundert befand sich ein Dorf in den Thayaniederungen an einer Furt der wichtigen Nord-Süd Verbindung von der Donau in den böhmischen Raum (erste urkundliche Erwähnung 1150 in einem Passauer Urbar). Um 1190 übernahmen die Babenberger von mehreren Grundherrn hier Besitz und Herzog Leopold VI. gründete an der Stelle des Dorfes um 1230 eine Stadt. Sie wurde nach den damals üblichen Planungen in Rechteckform angelegt und war vor allem als wehrhafter Sammelplatz für militärische Aktionen gegen Feinde aus dem Norden und Osten gedacht.

Aus der Frühzeit der Stadtgeschichte haben sich die Burganlage, Reste der Stadtmauer, die Stadtpfarrkirche und der Pfarrhof, das Bürgerspital und das Alte Rathaus erhalten. Die Laaer Burg diente zunächst als letzter, von einem Wassergraben umgebener Rückzugsort bei Bedrohungen und nicht als Wohnburg. Später wurde der typische stadtseitige Butterfaßturm (nach 1400) errichtet, schließlich Wohn- und Wirtschaftsräume. Im Laufe der Jahrhunderte waren verschiedene Adelsgeschlechter Inhaber, bis 2007 befand sie sich im Privatbesitz und war vom Verfall bedroht. 2008 ist es der Stadtgemeinde Laa an der Thaya gelungen die Laaer Burg zu kaufen. Derzeit wird die Basis-Sanierung durchgeführt.

Die Stadtpfarrkirche zählt zu den großen spätromanischen Gotteshäusern des Viertels, wobei die Apsis von kunsthistorischem Interesse ist. Sie ist dem hl. Vitus geweiht. Das Innere beeindruckt durch die Raumwirkung. Einige Male nach Schäden umgebaut (1466, 1795) bekam sie im 18. Jh. einen barocken Hochaltar, eine Kanzel und eine Orgel. Die Pfarre war früher immer von bedeutenden Männern als Pfarrer besetzt, so z. B. von Albert de Saxoniae, dem Gründungsrektor der Wiener Universität, dem bedeutenden Astronomen Johannes von Gmunden, u. a. Eine Überlieferung besagt auch, daß 1442 – 50 Aeneas Piccolomini, der spätere Papst Pius II. die Pfarre innegehabt habe. Ihm wird das bekannte Distichon zugeschrieben: Aemula Venetiis, urbs antiquissima Laa, haec jacet in medio stercoris, illa maris. (Du uralte Stadt Laa bist die Nebenbuhlerin Venedigs, so wie diese mitten im Koth, liegt jene mitten im Meer).

Zum Bürgerspitalkomplex gehörte früher auch noch der städtische Meierhof mit dem Brauhaus. An die frühgotische Kapelle, ursprünglich wohl ein Pilgerhospiz und daher dem Hl. Jakob geweiht, wurden später Trakte dazugebaut und für die Altersversorgung der Bürger genützt. Vor kurzem renoviert, zählt das Gebäude heute zu den kulturhistorischen Schätzen der Stadt. Der Meierhof wurde im 18. Jh. aufgelassen, das städtische Brauhaus 1847 an den Bürger Anton Kühtreiber verkauft. Diese Familie baute seither einen modernen Brauereibetrieb auf, dessen Marke „Hubertus", ergänzt durch die „Vitus" Mineral- und Limonadengetränke, heute einen großen Bekanntheitsgrad hat.

Das Alte Rathaus auf dem Stadtplatz war einmal das beherrschende Gebäude im Stadtzentrum. Es lag an der damaligen Hauptstraße, die durch das Brüdertor - der Name kommt von einem Minoritenkloster, das unmittelbar innerhalb lag – zum nördlichen Böhmertor entlang der „langen Zeile" über den großen Platz führte. Ende des 19. Jahrhunderts, als Laa zu einem politischen und wirtschaftlichen Zentrum der Region aufstieg, wurde es durch ein neues ersetzt, das heute in der typischen Form eines Jahrhundertwendebaues platzbeherrschend wirkt. Das Alte Rathaus, dessen Gemäuer und Fassade deutlich die Spuren aller Jahrhunderte zeigen, wurde renoviert und beherbergt heute neben dem Ratssaal (Veranstaltungssaal), ein Weinlokal, das Südmährermuseum und die Stadtbibliothek.

Im 13. Jh. war Laa ein bedeutender Ort in der Landesgeschichte, der öfter im Mittelpunkt militärischer Auseinandersetzungen stand. So fanden vor den Toren Schlachten unter Friedrich den Streitbaren und dann unter Przemisl Ottokar statt. Dieser förderte Laa besonders, setzte seinen Vertrauten Kadolt von Wehing als Stadthauptmann ein und bestätigte das (nicht erhaltene) leopoldinische Stadtrecht. Aus dieser Zeit stammen auch die bekannten Laaer Schulmeisterbriefe, eine bedeutende Quelle für die Landesgeschichte des 13. Jhs. Als Rudolf von Habsburg an die Macht kam, huldigten ihm die Bürger, und er bestätigte 1281 alle ihre Rechte und Privilegien. Aus dieser Zeit stammt auch das Stadtwappen, ein Stadttor mit zinnenbekrönten Türmen, in dessen Zentrum der rotweiße Bindenschild steht.

Unter den frühen Habsburgern verlor Laa an Bedeutung und wurde meist als Pfand an herzogliche Geldgeber oder für die Einhaltung von Verträgen an verschiedene Adelige übergeben. Diese kümmerten sich nicht sehr um das wirtschaftliche Weiterkommen und den Ausbau, und so war Laa im unruhigen 15. Jh. zu einem bedeutungslosen Ort geworden, in dem des Öfteren die Feinde hausten. 1407 eroberte es der mährische Bandit Sokol von Lamberg und 1426 brandschatzten die Hussiten hier. Um den Verfall zu stoppen und den Bürgern Mittel zum Wiederaufbau zu verschaffen, gaben die Landesfürsten den Laaern verschiedene Privilegien, unter anderen 1454 das Recht, Bier über die Grenzen der Stadt hinaus auszuschenken.

Die Zeit des 30-jährigen Krieges bedeutete für Laa wieder Niedergang, denn 1619 lagen böhmische Truppen monatelang in der Stadt und saugten sie wirtschaftlich aus. Damals ging auch das Stadtarchiv mit allen alten Urkunden und Protokollen verloren. 1645 eroberten es die Schweden, und nach ihrem Abzug waren die meisten Häuser verödet. Erst ab 1680 hatte Laa seine frühere Häuserzahl wieder erreicht, führte aber weiterhin ein bedeutungsloses Schattendasein unter den Städten des Landes.

Als 1809 Napoleon durch Laa kam und hier einmal nächtigte, fand er noch eine ziemlich verarmte, von Sumpfland umgebene, von ebenerdigen strohgedeckten Häusern geprägte verschlafene Provinzstadt vor. Doch ein Jahrzehnt später setzte ein nachhaltiger Aufschwung unter Führung von Simon Scheiner ein. Dieser für Laa bedeutende Mann war zunächst als Stadtrat und von 1829 – 1861 als Bürgermeister tätig. Er belebte zunächst die Märkte neu, bemühte sich sehr um die Regulierung der Thaya, was ab 1830 auch geschah, und verschaffte den Laaer Ackerbürgern plötzlich ertragreiche landwirtschaftliche Flächen, da der Grundwasserspiegel durch diese Maßnahmen absank und die ausgedienten Sumpfwiesen nun als Felder genutzt werden konnten. Die defizitären städtischen Betriebe, die Mühle und das Brauhaus, wurden verkauft, der Bau von neuen Häusern gefördert, die Kanalisierung und Pflasterung der Gassen und Plätze vorangetrieben und die Anlegung von neuen Straßen in das Umland begonnen. Die beengenden mittelalterlichen Stadttore und die wuchtige Stadtmauer wurden abgetragen.

Simon Scheiner erreichte es auch, dass nach 1850 das Bezirksgericht und Steueramt nach Laa kamen. Dadurch wurde Laa zum Mittelpunktsort der Region, es kamen viele Leute in die Stadt, der Wochenmarkt, insbesondere als Umschlagplatz für Getreide, hatte große Bedeutung, Geschäfte und Betriebe wurden eröffnet, eine Sparkasse eingerichtet, die Stadt gedieh. Seit 1869 war sie durch eine Bahnlinie mit der Kaiserstadt Wien, aber auch mit Brünn verbunden, es gab nun eine Apotheke, Ärzte und Schulen. Vereine konnten in zahlreichen Gasthäusern das Gesellschaftsleben entfalten, die Bildung der Jugend wurde gefördert, insbesondere 1911 durch die Gründung einer Vereinsrealschule, damals die modernste Bildungsstätte dieser Art in der Monarchie.

Mit dem Ende des ersten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der Monarchie kamen für Laa wieder schwere Zeiten, denn nun war sie plötzlich Grenzstadt, der der größere und wichtigere Teil seines Hinterlandes fehlte. Die letzte schwere Prüfung für Laa und seine Bewohner brachte das Jahr 1945 und die Zeit danach. In den letzten Kriegswochen war hier die Front, die Stadt erlitt einen schweren Bombenangriff und wurde auch beschossen. Bis 1955 lag sie in der russischen Besatzungszone, die Grenze zum Nachbarstaat CSSR war geschlossen, Laa lag am eisernen Vorhang.

Dennoch gelang es, die Stadt trotz der widrigen Umstände auch in dieser schweren Zeit zu bescheidenem Wohlstand zu führen. Zum Unterschied von vielen Orten an der toten Grenze konnte Laa eine gesunde Wirtschaftsstruktur mit leistungsfähigen Betrieben, wie die Firma Hans Brantner, die Ziegelwerke, die Brauerei, die Mühle und anderen mittelständischen Gewerbe-, Handwerksbetrieben und Kaufhäusern zu erhalten. Eine gute und vorausschauende Stadtführung erkannte Chancen und nützte sie, wie etwa die Einrichtung eines Grenzüberganges nach Mähren oder die Errichtung einer zweiten höheren Schule unter Bürgermeister Frummel.
Seit der Wende in den Ostländern und der Grenzöffnung befindet sich die altehrwürdige Grenzstadt wieder im Aufwind und sieht zuversichtlich in die Zukunft.